Wirtschaftsfaktor Fahrrad
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Studie des Verbands "zukunft Fahrrad"
2023

Branchen-
Studie
2023

Stabiles Wachstum in allen Kernbereichen

Wirtschaftsfaktor Fahrrad

Wirtschafts-
faktor Fahrrad

Die neuesten Zahlen zur Entwicklung der deutschen Fahrradwirtschaft zeigen vor allem eines: die Branche boomte in den letzten Jahren sowohl in Sachen Beschäftigung als auch bei den Umsätzen. Deutschland hat seine Position als Leitmarkt für Fahrräder entgegen aller Trends weiter gefestigt, nun gilt es das hohe Niveau zu stabilisieren. Andere europäische Länder wie etwa Frankreich oder Portugal machen es vor und stärken die Branche durch gezielte Fördermaßnahmen. Im Auftrag des Wirtschaftsverbands Zukunft Fahrrad hat der Transportation Think Tank T3 eine aktuelle Branchenstudie durchgeführt. Die im Juni 2023 fertiggestellte Studie bietet mit vielen Hintergrundinformationen und wichtigen Daten einen detaillierten Einblick in die Fahrradwirtschaft Deutschlands. Hier fassen wir die wichtigsten Ergebnisse zusammen.

Bild Studie 2023

Wirtschaftsfaktor Fahrrad - Stabiles Wachstum in allen Kernbereichen

In den letzten drei Jahren verzeichnete die Fahrradwirtschaft in Deutschland einen Beschäftigungszuwachs trotz der Turbulenzen, die vor allem Corona mit sich brachte: So waren im Jahr 2022 mehr als 325.000 Beschäftigte für die Branche tätig. Der gesamte steuerbare Umsatz lag im Jahr 2022 bei fast 45 Milliarden Euro. Die Kernbereiche stellten sich im Vergleich zu anderen Branchen als Wachstumsmotoren heraus. Die gesamte Branche hat damit Großartiges geleistet. In Herstellung, Handel und Dienstleistungen (Sharing/ Verleih und Leasing) stieg die Zahl der Beschäftigten zwischen 2019 und 2022 um etwa 30 Prozent und der Umsatz von 2019 auf 2022 um ganze 70 Prozent: • Im Jahr 2022 beschäftigten die Kernbereiche der Fahrradbranche Herstellung, Handel und Dienstleistungen 63.000 Menschen. Insgesamt steigerten die Kernbereiche ihre steuerbaren Umsätze seit 2019 um satte 70 Prozent auf 28 Mrd. Euro im Jahr 2022 • Zusammen mit dem Fahrradtourismus arbeiteten in Deutschland mehr als 325.000 Menschen in der Fahrradwirtschaft und erwirtschafteten einen Umsatz von fast 45 Mrd. Euro. Fachhandel Der Fahrradhandel ist Wachstumsmotor bei Umsatz und Beschäftigung. In der Summe stieg die Beschäftigung im Groß- und Einzelhandel innerhalb von drei Jahren um 31 Prozent. Der Fachhandel allein schuf 10.900 neue Stellen und wuchs damit um 30 Prozent. Das Beschäftigungswachstum des Handels mit Fahrrädern übersteigt das allgemeine Wachstum des deutschen Handels deutlich. Der Fach-Einzelhandel ist unter den in der Fahrradwirtschaft tätigen Händlern wiederum der Wachstumstreiber beim Umsatz: Das Umsatzwachstum lag von 2019 bis 2022, mit der Hochzeit des Corona-Lockdowns dazwischen, bei rund 60 Prozent. Dienstleistungen Dienstradleasing und Sharing verzeichnen die höchsten Beschäftigungs- und Umsatzzahlen im Vergleich zu anderen Services rund ums Fahrrad. In den beiden Bereichen Sharing/Abo-Service und Dienstradleasing hat sich der Umsatz zwischen dem Jahr 2019 und dem Jahr 2022 mehr als verfünffacht. Das Dienstradleasing ist inzwischen ein Milliarden-Markt und etabliert das Fahrrad als Verkehrsmittel im Alltag, was es weniger konjunkturabhängig macht. Der Anteil von E-Bikes ist beim Leasing nach eigenen Erhebungen von Zukunft Fahrrad mit 80 Prozent sehr hoch, es ist ein Treiber für hochwertige Fahrräder. Abo-Services verzeichnen ein hohes Wachstum, der Bereich Sharing ist besonders dynamisch und diversifiziert sich zusehends. Herstellung Im Bereich der Herstellung war in den letzten Jahren eine Verzögerung zwischen Beschäftigungszuwachs und Umsätzen zu beobachten. Während in den Jahren 2019 und 2020 die Umsätze erheblich stiegen, stagnierten die Beschäftigungszahlen noch. Erst in den Folgejahren zogen sie auch in diesem Bereich an und verzeichneten von 2019 bis 2022 insgesamt einen Zuwachs um mehr als 16 Prozent. Diese Verzögerung ist auch auf die turbulenten Jahre der Coronapandemie zurückzuführen, in denen die Unternehmen Zeit zur Anpassung benötigten und phasenweise schlicht das Material zur Herstellung fehlte. Erhebliche Probleme mit den Lieferketten und explodierende Transportkosten sorgten für wenig Planungssicherheit trotz der steigenden Umsätze. Insgesamt wurde im gesamten Zeitraum ein Umsatz-Zuwachs von mehr als 60 Prozent erzielt. Fahrradtourismus Zeitweilig stellte die Corona-Pandemie den Radtourismus mit Reisebeschränkungen und Hotelschließungen vor große Herausforderungen. Trotzdem konnte sich der Fahrradtourismussektor behaupten und machte nach der Pandemie einen echten Quantensprung: vom Jahr 2019 bis zum Jahr 2022 konnten Beschäftigung und Umsatz um 30 bzw. 41 Prozent gesteigert werden. Das Umsatzplus zeigt ganz deutlich: Fahrräder, E-Bikes sowie Lastenräder und Anhänger erfreuen sich enormer Beliebtheit. Einen zusätzlichen Schub bekommt der Markt durch innovative Services, allen voran der anhaltende Boom des Dienstradleasings, wo sich auch die Beschäftigungszahlen fast verdoppelt haben. Laut dem Bundesverband Deutscher Leasingunternehmen (BDL) ist die Zahl der neu geleasten Fahrräder von 193.000 im Jahr 2019 auf weit über 600.000 neue Leasingräder im letzten Jahr gestiegen. Eine weitere beachtliche Entwicklung verzeichnete der Fahrradtourismus. Während der Pandemie hatte der Bereich im Jahr 2020 mit einem leichten Rückgang zu kämpfen. Im darauffolgenden Jahr gelang jedoch die Kehrtwende, und bis zum Jahr 2022 stieg die Zahl der Beschäftigten (hier: Beschäftigungsäquivalente) auf insgesamt 263.000. Die Umsätze wuchsen in den vergangenen drei Jahren um 41 Prozent. Der Radtourismus ist gerade für viele ländliche Regionen ein unverzichtbarer Wirtschaftszweig. Einordnung Die Branchenstudie zeigt mit den erhobenen Zahlen eindrucksvoll, welche wirtschaftliche Bedeutung die Fahrradwirtschaft für Deutschland hat. Das Fahrrad spielt eine Schlüsselrolle bei der Transformation des Mobilitätssektors und für eine nachhaltige Verkehrswende. Die wachsenden Beschäftigungszahlen laufen gegen den Trend in anderen Branchen wie zum Beispiel der Kohle-Industrie, die im Jahr 2022 nur noch 17.000 Menschen beschäftigt hat. Sie stehen auch der allgemeinen Stagnation und dem Rückgang der Beschäftigung im Einzelhandel und in der fertigenden Industrie entgegen. Zur Erreichung der Sektorziele aber auch als Wirtschaftsfaktor ist das Fahrrad nicht zu unterschätzen und könnte bei entsprechender politischer Unterstützung noch viel mehr leisten.

Das Potenzial der Fahrradwirtschaft: 

• Die Fahrradwirtschaft ist leistungsstark und krisenfest. Sie bietet attraktive Produkte und Dienstleistungen sowie starke Unternehmen. Deutschland ist ein Technologieführer in der Fahrradbranche und globaler Leitmarkt. 

• Die Branche hat einen strukturellen Arbeitskräftebedarf. Der VSF beziffert den möglichen Beschäftigungszuwachs im Handel auf über 18.000 Stellen. Das Einstellungspotenzial ist gegenüber der aktuell angespannten Situation vergleichsweise unempfindlich. Vielmehr können unternehmerische Potenziale im Fahrradfachhandel – insbesondere in den Werkstätten – durch Adressierung der Arbeitskräftelücke gehoben werden. Auch in den anderen Kernbereichen ist der Bedarf eklatant. 

• Das Fahrrad ist durch seine Elektrifizierung nicht mehr das gleiche Produkt. Es ist der Schlüssel für emissionsfreie Mobilität aller Alltags-, Gewerbe und Pendelwege bis 10 km und in Kombination etwa mit der Bahn auch weit darüber hinaus. Auch Transporte lassen sich mit elektrischen Lastenrädern effi zient und schnell umsetzen. Für die Herausforderungen unserer Zeit ist das Fahrrad eine denkbar einfache, nachhaltige und soziale Lösung, die schnell und überall Menschen emissionsfrei mobil machen kann. Die Fahrradbranche hat in den letzten Jahren ihre Produkt- und Servicepalette stark erweitert und geradezu revolutioniert, um noch mehr Mobilitätsbedürfnisse abdecken zu können und Kundinnen und Kunden die Nutzung immer mehr zu erleichtern.

Welche Instrumente werden benötigt, um das Potenzial besser auszuschöpfen?

Wir brauchen eine vorausschauende Förderpolitik, die Unternehmen beim Reshoring unterstützt, Subventionen für den Aufbau von Produktionen bereitstellt und steuerliche Vorteile wie Gewerbesteuernachlässe umsetzt, die direkt oder indirekt den Herstellern zugutekommen. Die Mehrwertsteuer auf Fahrräder und Services sollte im Rahmen der Reform der Mehrwertsteuersystematik gesenkt werden. Zudem sollte sich die Bundesregierung für eine zeitgemäße Fachkräfteausbildung einsetzen, die verlässliche Zugangswege für Seiten- und Quereinstiege bietet, und durch eine kluge Einwanderungspolitik zur Arbeitskräftegewinnung beiträgt. 

Wir brauchen eine nachhaltige Verkehrspolitik, die sich strikt am CO2-Ausstoß des jeweiligen Verkehrsmittels orientiert und mehr Menschen zum Fahrradfahren ermutigt, indem sie eine sichere und leistungsfähige Fahrradinfrastruktur bereitstellt. Um eine rasche Verkehrsverlagerung zu erreichen, muss umgehend ein flächendeckendes Radwegenetz eingerichtet werden. Die Förderung von Dienstfahrrädern im Einkommenssteuergesetz sollte verstetigt und die rechtlichen Bedingungen für die Einführung eines betrieblichen Mobilitätsbudgets vereinfacht werden. Darüber hinaus sollten Unternehmen bei der Umgestaltung ihrer betrieblichen Flotten unterstützt und die Kaufanreize für Lastenräder weiter ausgebaut werden. Sharing muss als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge verstanden werden um sein Potenzial voll entfalten zu können. 

Wir brauchen eine politische und gesellschaftliche Debatte, die dem Potenzial des Fahrrads als attraktives, emissionsfreies, komfortables, gesundes und flexibles Verkehrsmittel Rechnung trägt.

Fazit der Studie

Stabilität & Wachstumspotenziale:

Die deutsche Fahrradwirtschaft hat in den Jahren 2019–2022 neue Arbeitsplätze und einen bedeutenden gesellschaftlichen Mehrwert geschaff en und mit ihrer hohen Wertschöpfung für Stabilität und Sicherheit gesorgt. Das Wachstumspotenzial der Branche ist enorm – in allen Kernbereichen vom Handel bis zum Leasing und dem Fahrradtourismus.

Ausbau Fahrradinfrastruktur

Sowohl die wachsenden Absatzzahlen als auch das große Interesse am Dienstrad-Leasing zeigen die Bedeutung des Fahrrads als wichtiges Verkehrsmittel. Die deutsche Fahrradinfrastruktur wird diesem gesellschaftlichen Anspruch noch nicht gerecht. Es braucht einen konsequenten und raschen Ausbau der Fahrradinfrastruktur, beispielsweise in Form von Pop-Up-Fahrradspuren, sicheren Kreuzungen oder Radschnellwegen. Ein klares politisches Bekenntnis zum Fahrrad als Teil einer zukunftsfähigen Mobilität ist geboten, die Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans muss konsequenter verfolgt werden.

Nachhaltige Mobilitätswende:

Das Fahrrad ist in all seinen Variationen, vom Lastenrad bis zum E-Bike, ein wichtiger Teil der nachhaltigen und umweltfreundlichen Mobilitätswende. Bei keinem anderen Verkehrsmittel bedeutet die Elektrifi zierung einen derartigen Trumpf. Erst wenn das Fahrrad fest im Alltag etabliert ist, wird die Branche unabhängiger von konjunkturellen Schwankungen. Bei keinem anderen Verkehrsmittel ist der „Return on Invest“ für Infrastrukturinvestitionen so hoch. Die deutsche Verkehrspolitik kann mit dem Potenzial des Fahrrads wirtschaftlich und gesellschaftlich erhebliche Fortschritte erreichen.

Wirtschaftspolitische Bedeutung:

Die große wirtschaftliche Bedeutung der Fahrradwirtschaft für Deutschland lässt sich an den stetig wachsenden Umsätzen der Branche ablesen. Für eine langfristig starke heimische Branche braucht es gezielte Wirtschaftspolitik, um eine stabile Nachfrage zu gewährleisten. E-Bikes haben immer noch ein enormes zusätzliches Marktpotenzial. Die richtigen politischen Voraussetzungen helfen, diese Potenziale rasch zu heben.

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